von Ad De Bont
Spiel
Philippe Heule | Sarina Lendi | Tabea Lendi | Alexandra Portmann | Maja Rohrer | Cornelia Scheffold | Noemi Solombrino | Assunta Steiner
Regie
Stefan Graf
Assistenz
Ensemble
Produktion
Lukas Ammann
Bühne
Heini Baumgartner
Musik/Ton
Jürg Schmid
Kostüme
Nicole Haraszt
Presse
St. Galler Tagblatt, Freitag, 28. Juni 2002
Chance nur in Männerkleidern
Jugend-Theaterclub spielt «Das besondere Leben der Hilletje Jans» auf der Studiobühne
Das Stück von Ad de Bont spielt im 18. Jahrhundert und erzählt ein dramatisches Frauenschicksal. Acht Jugendliche zeigen alle Facetten ihrer schauspielerischen Begabung. Am Mittwoch war Premiere.
Susanne Ellensohn
Düstere Gestalten in schwarzen Kutten erscheinen und singen einen Choral, der die Vorgeschichte des Mädchens Hilletje Jans erzählt: Mit sechs Jahren verliert sie ihre Eltern und geht zu Fuss von Utrecht nach Amsterdam, um bei ihrer Tante Therese und deren Tochter Roosje Unterschlupf zu finden. Zwei Erzählerinnen führen die Zuschauer von Szene zu Szene. Dabei ist die Bühne vollkommen in die Atmosphäre des jeweiligen Schauplatzes getaucht – eine Meis-terleistung des Bühnenbildners Heini Baumgartner, der mit wenigen Mitteln grossartige Effekte erzielt. Auch die Kostüme von Nicole Haraszt lassen das 18. Jahrhundert lebendig erscheinen.
Karriere als Kapitän
Die erste Szene führt in die zwielichtige Herberge der Tante Therese. Roosje ermordet einen Gast und raubt ihn aus, doch die Tante beschuldigt Hilletje des Mordes, den ihre Tochter begangen hat. Das Mädchen wird verhaftet, an den Pranger gestellt und sieben Jahre lang eingesperrt. Nach ihrer Entlassung verkleidet sie sich als Mann. Mit dem Namen Jan Hille heuert sie als Matrose an – und in Männerkleidern macht sie auch Karriere: Als geachteter, berühmter Kapitän, den sogar die Piraten fürchten, kommt sie Jahre später nach Amsterdam zurück. Doch als Hilletje heiratet, wird offenbar, dass sie kein Mann ist. Wieder steht sie vor Gericht… Peter Nussbaumer hat die Musik für die «Bänkelgesänge» (Akkordeon: Claudia Heine) auf die Stimmen der Schauspieler abgestimmt – es klingt fast nach Bertold Brecht, wenn sie singen: «Wenn du noch jung bist an Jahren fällt dir das Leben oft schwer…» Das Stück erinnert an eine schaurige Moritat, die unserer heutigen Zeit fern liegt. Echte Betroffenheit könnte vielleicht gar nicht aufkommen, wüsste man nicht, dass sich im 17. und 18. Jahrhundert unzählige Frauen als Männer verkleideten, um ein selbstbestimmtes Leben führen zu können.
Mal Mann, mal Frau
Mit spürbarer Begeisterung spielen und singen Philippe Heule, Sarina Lendi, Tabea Lendi, Ale-xandra Portmann, Maja Rohrer, Cornelia Scheffold, Noemi Solombrino und Assunta Steiner ihre Rollen. Dabei schlüpfen sie abwechselnd in Frauen- und Män-nerrollen, in denen sie bis in die kleinsten Gesten überzeugen. «Als Kind habe ich oft Männerfiguren aus dem Film nachgemacht. Zum Beispiel Robin Hood. Männerrollen machen einfach mehr Spass, und ausserdem ist die Hauptfigur fast immer ein Mann», sagt die 17-jährige Noemi. Regisseur Stefan Graf und Produzent Lukas Ammann entschieden sich für das Stück, weil es darin um «eine faszinierende Geschichte und zugleich um ein Frauenthema geht». Das Schweizerdeutsch habe sich wegen der deftigen Sprache geradezu angeboten. Seit Ende Januar probten die Jugendlichen in der Aula des Spelterini-Schulhauses. Die Endproben fanden mit der Unterstützung des Theaters St. Gallen auf der Studiobühne statt.